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Brigitt Jenni bedient die Kaffeemaschine und bringt das Teewasser zum Kochen. Zum letzten Mal ber
das Znüni vor, für ihren Mann Andy Jenni, für sich und auch für Peter Grossniklaus, der die beiden seit zwei Jahren beim Unterhalt des Friedhofes unterstützt.
Es ist der 27. Dezember, der letzte Arbeitstag der Jennis auf dem Friedhof. Einen Tag später, am 28. Dezember, findet die offizielle Schlüsselrückgabe an die
Mellinger Behörden statt. – In der Abdankungshalle sitzen wir am Tisch, trinken Kaffee. Im Haus sind wir die Einzigen. Keine Toten an diesem Tag, keine
aufgebahrten Leichen in den drei Zellen nebenan, wo ein letztes «Adieu» möglich ist.

  

«Wir lernten viel über den Tod»

 

Andy und Brigitt Jenni reden über Ehrfurcht und Respekt. Sie erzählen von Begegnungen auf dem Friedhof, in der Abdankungshalle, neben Kreuzen und
Grabsteinen – von grossem Einfühlungsvermögen und von viel Dankbarkeit. «Wir lernten so viel über Leben und Tod, hörten von traurigen und von tragischen
Schicksalen.» Fremde Menschen hätten ihnen Geschichten anvertraut, die sie sehr berührt hätten. «Ich denke», meint Brigitt Jenni, «wir konnten einigen in ihrer
Trauer helfen. Unser Zuhören war für manche Trauernden wohl auch ein bisschen Trauerverarbeitung.» Dabei seien die Gespräche auch für sie Bereicherung gewesen.

Furcht hatten sie keine. Jedenfalls nicht vor in der Erde verbliebenen beinernen Überresten, etwa Beckenknochen oder Schädel, die beim Ausschaufeln eines Grabes
schon mal zum Vorschein kommen konnten. Leben und Tod, das waren in der Familie Jenni keine Tabuthemen. «Über den Tod und über Bestattungen sprachen wir auch
am Mittagstisch», erzählt Andy Jenni, dessen Vater und Grossvater sich schon um den Friedhof in Mellingen gekümmert hatten. Menschliche Knochen hatte Andy Jenni
in über dreissig Jahren denn auch immer wieder gesehen. Das erste Mal als Bub in der fünften Klasse als er von Hand ein Grab schaufelte – seine Kollegen, erzählt er,
hätten sich damals auf dem Fussballplatz vergnügt.

Früh kam auch Brigitt Jenni mit Gräbern und deren Bepflanzung in Kontakt. Sie hatte 1983 ihre Lehre bei den Jennis begonnen und arbeitete unter anderem auf dem
Friedhof Mellingen. «Schon damals mochte ich diese Arbeiten», sagt sie. Jäten und pflanzen, bei diesen Aufgaben halfen ihr über die Jahrzehnte auch zahlreiche
Frauen, die auf Abruf zur Verfügung standen. «Ihre Mithilfe war für uns sehr wichtig», betonen beide.

 

Sie freuen sich auf längere Ferien

 

Im April dieses Jahres hatten sie bei der Gemeinde Mellingen ihre Kündigung eingereicht. Zwar dauert es noch ein paar Jahre bis zu ihrer Pensionierung –
Brigitt Jenni ist 57 Jahre alt, Andy Jenni 61. Dennoch wollen beide schon jetzt kürzer treten, auch aus gesundheitlichen Gründen. Andy Jenni hatte vor acht
Jahren einen Herzinfarkt und Brigitt Jenni spürt nach über 30 Jahren tägliches sich bücken und in der Erde graben ihren Rücken und die Gelenke. Zudem
freuen sie sich auf Ferien, die auch mal länger als ein paar Tage dauern sollen: «Solche Momente waren in den letzten Jahren rar.»

Ein letztes Mal also in der Abdankungshalle Kaffee und Tee kochen. Auch bei vielen anderen Aufagben hätten sie sich in den vergangenen Wochen und
Monaten gesagt: «Das ist das letzte Mal.» Beim Jäten, beim Pflanzen von Stiefmütterchen oder Erika, beim Reinigen der Aufbahrungshalle, beim Arbeiten
mit Bagger und Schaufel. Und als Andy Jenni mit seiner Frau über den Friedhof geht, holt er einen Plastikfetzen aus dem Abfallkorb. «Der Korb soll sauber sein,
wenn wir morgen übergeben.»

Die Andy Jenni AG betreiben sie auch künftig: «Aber nur noch im Kleinen und nur zu ausgewählten Projekten.»

 

Heidi Hess